Afrika – Plan A http://www.plan-alternative.de nachhaltige Alternativen - für das gute Leben Thu, 07 Jul 2016 21:56:59 +0000 de-DE hourly 1 https://wordpress.org/?v=4.7.3 Wie ernährt sich die Stadt? Veranstaltung Agrikulturforum Berlin-Cotonou des Fieldworks-Projekts vom 19. – 21. September im Prinzessinnengarten Berlin http://www.plan-alternative.de/index.php/2014/09/16/wie-ernaehrt-sich-die-stadt-veranstaltung-agrikulturforum-berlin-cotonou-des-fieldworks-projekts-vom-19-21-september-im-prinzessinnengarten-berlin/ http://www.plan-alternative.de/index.php/2014/09/16/wie-ernaehrt-sich-die-stadt-veranstaltung-agrikulturforum-berlin-cotonou-des-fieldworks-projekts-vom-19-21-september-im-prinzessinnengarten-berlin/#respond Tue, 16 Sep 2014 15:53:24 +0000 http://www.plan-alternative.de/?p=8291 Im Frühjahr riefen die Stiftung Prtnerschaft mit Afrika und der Prinzessinengarten Berlin gemeinsam mit den beninischen Partnerorganisationen FUPPO (Vereinigung beninischer Landwirt/innen) und Hortitecs (alternative urbane und semiurbane Landwirtschaft und Distribution) zu einem Projekt auf, bei dem herausgefunden werden soll, wie sich Städter ernähren und wie man eine bessere und nachhaltigere Ernährung in Zusammenarbeit mit den Landwirt/innen und urbanen Gärtner/innen in der Stadt und im Umland verbessern kann. Forschungsorte sind Berlin und Brandenburg, sowie der Großraum Cotonou im westafrikanischen Benin.

Plakat-Agrikulturforum

Angeschaut werden verschiedene Projekte mit alternativer Lebensmittelproduktion und es wird erforscht, welche Möglichkeiten einer besseren Verzahnung mit der Distribution und dem Konsum möglich ist, und wie Formen solidarischer Landwirtschaft, in der Konsumenten und Produzenten enger zusammenarbeiten, möglich sind. Dazu wird auch der Status Quo des Lebensmittelverbrauchs und der Lebensmittelproduktion untersucht.

Ein wichtiger Aspekt ist eine neue Art der Zusammenarbeit einerseits auf interkultureller Ebene, bei der auf Augenhöhe kooperiert wird und gemeinsamen voneinander gelernt werden soll, als auch die Arbeit mit qualifizierten Laien anstatt Experten in den jeweiligen Projekten. Beleuchtet werden sollen auch Unterschiede und Gemeinsamkeiten in den jeweiligen Ländern.

fieldwork group picture 169 1000

Seit fünf Tagen sind die Teilnehmer/innen aus Cotonou zu Gast in Berlin. Am kommenden Wochenende, vom 19. bis 21. September werden in eine öffentlichen Veranstaltung unter dem Titel Agrikulturforum Berlin-Cotonou die ersten Zwischenergebnisse präsentiert und Workshops angeboten.

Die Sprachen sind Englisch, Französisch und Deutsch. Zur Einstimmung gibt es am 18. September Abends schon eine kleine Verkostung der ganz besonderen Alblinse vom 2000m2 Feld – dort wird um Anmeldung gebeten. Ansonsten kann man einfach vorbeischauen, wenn man neugierug ist – es kostet auch keinen Eintritt. Wer sich allerdings bei Comenga vorher anmeldet, bekommt Essens- und Getränkegutscheine.

Mehr über das Projekt könnt ihr auf dem Blog des Fieldworks-Projekts erfahren, den ich erstellt habe. Dort gibt es auch viele Fotos und die genaueren Details des Programms.

Disclaimer: Ich mache Öffentlichkeitsarbeit für das Projekt und deshalb keine neutrale Beobachterin, freue mich aber auch persönlich sehr darauf und finde die Inhalte sehr interessant.

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Damenhygiene für die ärmeren Länder – Beispiele aus Indien und Uganda http://www.plan-alternative.de/index.php/2014/03/07/damenhygiene-fuer-die-aermeren-laender-beispiele-aus-indien-und-uganda/ http://www.plan-alternative.de/index.php/2014/03/07/damenhygiene-fuer-die-aermeren-laender-beispiele-aus-indien-und-uganda/#respond Fri, 07 Mar 2014 15:04:24 +0000 http://www.plan-alternative.de/?p=6413 Damenhygiene ist ein immer leicht mit Peinlichkeit besetztes Thema. Im Westen, aber mehr noch in Ländern, wo die Geschlechterrollen noch rigider sind und oft die Periode der Frauen als „unrein“ gilt. Dabei ist es ein Problem für die Hälfte der Menschen zwischen Teenageralter und Ende 40. In vielen Ländern haben diese Frauen kaum Zugang zu adäquaten Hygieneartikeln. Und auch im Westen sind sie ein Problem, was vielen nicht bewusst ist: Sie sind Umweltverschmutzung. Als Alternative gibt es zwar hier auch inzwischen auswaschbare Binden, die aber vielen zu ekelig in der Handhabung sind, und im Ökoladen gibt es auch Bio-Damenbinden. Allerdings zum dreifachen Preis der herkömmlichen Artikel.

damenbinde 600

Für Frauen in den ärmeren Ländern sind diese oft schon unerschwinglich. Abhilfe schaffte in einer indischen Region vor einigen Jahren der Unternehmer Arunachalam Muruganantham, der mit Hilfe von Frauen in seinem Umfeld eine Binde entwickelt, die lokal produziert werden kann und auch für arme Frauen erschwinglich ist. Muruganantham verkauft auch nicht die Binden selbst, sondern die Maschinen, auf denen sich diese herstelllen lassen. So werden auch neue Arbeitsplätze geschaffen. 2012 waren sie bereits in 23 Bundestaaten im Einsatz, gefördert über Kleinkredite. Bisher haben sich laut einer im Guardian zitierten Studie in Indien 88 Prozent aller Frauen während der Menstruation mit Asche, Lumpen, Zeitungen oder getrockneten Blättern beholfen. Infolge dieser Praktiken leiden über 70 Prozent von ihnen an Infektionen, was wiederum das Risiko von Krebserkrankungen erhöht.

Jetzt hat auch ein Ingenieur und Unternehmer in Uganda, wo die gleichen Probleme bestehen, eine günstige und sogar zu über 95% biologisch abbaubare chemikalienfreie Binde aus recycletem Material entwickelt. Sie sind 50% billiger im Kauf als importierte Binden. Dank dieser Maka Pads können viele Mädchen während ihrer Periode auch wieder wieder in die Schule gehen, und erwachsene Frauen während dieser Zeit weiter am gesellschaftlichen Leben teilnehmen.Vor allem im ländlichen Raum waren sie für einige Tage im Monat kaum in der Lage, aus dem Haus zu gehen.

Dr. Moses Musaazi, der sich am College of Engineering, Design, Art and Technology (CEDAT) in Kampala, der Hauptstadt Ugandas mit Hygiene befasst, war vor knapp 15 Jahren durch seine Tochter auf das ihm vorher unbekannte Problem aufmerksam gemacht worden. Er experimentierte auch als Forschungsprojekt seiner Uni drei Jahre lang mit verschiedenen Materialien. Die Binden werden heute in drei Fabriken aus Papierresten und dem omnipräsenten Papyrosgras hergestellt. Hier werden bevorzugt arbeitslose Frauen und Flüchtlinge z.B. aus dem Kongo eingestellt. Die Binden werden an Schulen in Uganda und Tansania und auch von UN-Organisationen in Flüchtlingscamps verteilt. In den Fabriken, die u.a. auch mit Solarenergie betrieben werden, arbeiten inzwischen bereits 200 Menschen. Laut diesem Bericht der Deutschen Welle sind die Maka Pads in Uganda und jenseits davon schon so gefragt, dass die Hersteller/innen mit der Produktion, die weitestgehend von Hand erfolgt gar nicht nachkommen. Ziel ist es, sie auch als normales Alltagsprodukt auf dem regionalen Markt zu etablieren.

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Heute in Hamburg: L’Universal Schattensenat ft. Bernadette La Hengst http://www.plan-alternative.de/index.php/2013/12/18/heute-in-hamburg-luniversal-schattensenat-ft-bernadette-la-hengst/ http://www.plan-alternative.de/index.php/2013/12/18/heute-in-hamburg-luniversal-schattensenat-ft-bernadette-la-hengst/#respond Wed, 18 Dec 2013 13:20:35 +0000 http://www.plan-alternative.de/?p=4787 Heute Abend gibt Bernadette La Hengst ein Konzert gegen die Abschiebepolitik des Hamburger Senats, für eine neue Flüchtlingspolitik. Und natürlich ist sie nicht allein: Der neue Schattensenat kommt aus den Rändern der Stadt der versteckten Flüchtlingsheime, der Brücken in St. Pauli, der kalten Kirchenfußböden und der engen Wohncontainer, für einen Abend mitten ins Leben der besser situierten Hamburger/innen. Zehn junge Männer aus Ghana, Burkina Faso und Mali, die über Lampedusa in Hamburg gestrandet sind, stellen in der St. Pauli Kirche ihre Geschichten und Visionen vor.

schattensenat la hengst

Was ist ihre Vorstellung von Europa, mit welchen Vorstellungen sind sie hier hergekommen? Welche Realität erfahren sie hier? wie verändern sich ihre Träume und was bleibt? Ist Hamburg also nur ein zufälliger Ort auf der Landkarte? Die Sehnsucht nach der Heimat macht aus jedem Song einen politischen Appell: With your colonial love policy – we will be free. Sie sagen: Wir sind nicht nur geduldete Gäste, sondern als Protagonisten unserer Gesellschaft. Wir bleiben hier.

Der Eintritt zur Veranstaltung ist frei, man kann allerdings auch keine Plätze reservieren, also zeitig kommen.

Termin:
18.12., 20 Uhr
St. Pauli Kirche
20359 Hamburg

Zuerst veröffentlicht auf Popkontext

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Morethanshelters – mobile Notunterkünfte weltweit / Crowdfunding für Syrien http://www.plan-alternative.de/index.php/2013/12/13/morethanshelters-mobile-notunterkunfte-weltweit-crowdfunding-fur-syrien/ http://www.plan-alternative.de/index.php/2013/12/13/morethanshelters-mobile-notunterkunfte-weltweit-crowdfunding-fur-syrien/#respond Fri, 13 Dec 2013 15:35:18 +0000 http://www.plan-alternative.de/?p=4407 Flucht vor Krieg, bei Vertreibung, Hunger und Naturkatastrophen, aber auch Obdachlosigkeit in der westlichen Welt gehören zu den größten sozialen Problemen der Gegenwart. Fast 50 Millionen Menschen leben in temporären Zeltstädten, oft für Jahrzehnte, 100 Millionen sind obdachlos, und fast drei Milliarden hausen in Slums, in zusammengezimmerten Behausungen oft ohne Elektrizät und sanitäte Versorgung. Und die noch schlechtere Nachricht: Bis 2050 wird sich nach Schätzungen der Vereinten Nationen ihre Zahl verdreifachen.

Bild via morethanshelters.org

Bild via morethanshelters.org

So haben in den letzten Jahren mehrere Designer versucht, das Leben dieser Menschen durch die Konstruktion günstiger, aber adäquaterer mobiler Behausungen zu erleichtern – von großen Firmen, die ihr Image aufpolieren wollen, wie die IKEA-Foundation, bis zu sozialen Unternehmen. Ein solches ist Morethanshelters, gegründet 2012 in Hamburg. Ein interdisziplinäres Team aus den Bereichen Architektur, Wissenschaft, Design, Technik und Ingenieurswesen will hier langfristig menschenwürdigen Wohnraum für Flüchtlinge und Slumbewohner schaffen – und sie auch selbst zu aktiven Mitgestaltern ihrer Zukunft machen.

Ihre erste Entwicklung ist eine Kuppelstruktur namens DOMO (von englisch dome für Kuppel, und dem lateinischen Wort domus für Haus, „MO“ im Zweifel auch für mobil). Über die Grundstruktur können verschiedene den klimatischen Bedingungen angepasste Stoffe gezogen werden, aber auch Stein- und Holzstrukturen. Nach einem modulares Prinzip können baukastenartig auch andere ergänzende Elemente wie Solarzellen etc. hinzugefügt werden, und die einzelnen Kuppelzelte können auch durch Verbindungsgänge zu größeren Strukturen zusammengefügt werden, um unterschiedlichen Ansprüchen und Verwendungszwecken gerecht zu werden. Wert legen die Designer auch auf die soziale Kompatibilität in verschiedenen Kulturkreisen. Die Materialien, die von Morethanshelters verwandt werden, sind alle nachhaltig im Sinne des Cradle-to-Cradle-Prinzips. Die Grundausstattung soll nicht teurer sein als aktuelle Standardlösungen.

Foto via morethanshelters.org

Foto via morethanshelters.org

Die ersten DOMOS sollen 2014 fertig sein und getestet werden. Zwei Projekte sind konkret bereits geplant: Eins in Soweto in Südafrika. Hier sollen über drei Monate mit den Menschen vor Ort Lösungen für Gemeinschaftshäuser, die als Begegnungsstätten funktionieren sollen, gefunden werden. Das Projekt ist Teil des EI-geförderten Kunstprojekts Nine Urban Biotopes – Negotiating the Future of Urban Living, initiiert vom Berliner Kunstverein urban dialoges.

Das zweite Projekt ist in al Azraq, Jordanien geplant: In Jordanien entstand durch den Krieg in Syrien mitten in der Wüste, in Zataari, eines der weltweit größten Flüchtlingslager mit mehr als 120.000 Bewohner/innen. Abgesehen von den unwürdigen Lebensumständen dort ist dessen Kapazität ausgeschöpft, noch weitere Menschen auch nur mit dem Nötigsten zu versorgen. Es ist zu erwarten, dass noch deutlich mehr Menschen aus Syrien fliehen müssen, während unklar ist, wann sie zurückkehren können – wenn überhaupt. So soll ein neues Lager in der Nähe der jordanischen Hauptstadt Amman errichtet werden. In Zusammenarbeit mit dem Technischen Hilfswerk will Morethanshelter so viele Einheiten wie möglich dort hinbringen und sie zusammen mit den Betroffenen den Bedingungen vor Ort anpassen. Zur Finanzierung läuft aktuell ein Crowdfunding.

Unterstützen kann man das Projekt auch, indem man sich selbst ein DOMO kauft – entweder für andere, oder für das eigene Grundstück, so es genug Platz hat. Zum Preis von 1.500 € zzgl. Mehrwertsteuer kann es jetzt schon vorbestellt werden und wird Anfang nächsten Jahres ausgeliefert.

Website More Than Shelters
Aktuelles Crowdfunding für Syrien

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Geplante Obsoleszenz – und was man dagegen tun kann http://www.plan-alternative.de/index.php/2013/12/10/geplante-obseleszenz-und-was-man-dagegen-tun-kann/ http://www.plan-alternative.de/index.php/2013/12/10/geplante-obseleszenz-und-was-man-dagegen-tun-kann/#respond Tue, 10 Dec 2013 00:00:05 +0000 http://www.plan-alternative.de/?p=4139 Wie kam die geplante Obsoleszenz in unsere Produkte?

Geplante Obsoleszenz ist ein Phänomen, das in der kapitalistischen Produktion Anfang des 20. Jahrhunderts entstand: Durch die Fließbandproduktion und die schnelleren, effektiveren Möglichkeiten, Produkte auch weiter zu transportieren und so neue Märkte zu erschließen konnte man sehr viel höhere Stückzahlen eines Produkts günstiger herstellen und hatte eine größere potentielle Kundschaft. Da befiel die erfolgreicheren Hersteller die Sorgen, dass sie so viel Waren verkaufen konnten, dass der Markt gesättigt wird und der Absatz langfristig zurückgeht. So schien es ihnen nicht mehr sinnvoll, dass ihre Produkte auch möglichst lange hielten und die Kunden nicht nachkauften. So entwickelte man immer effektivere eingeplante Verschleißstellen, die das Produkt nach einem bestimmten Zeitraum unbrauchbar machten – die Lebensdauer von Glühfäden in Birnen wurde reduziert, reißfeste Nylonstrümpfe wurden soweit wieder anfällig gemacht, dass sich Laufmaschen bildeten und auch in modernen Elektrogeräten befinden sich Teile, die gezielt so gebaut werden, dass das Produkt nach einem bestimmten Zeitraum den Geist aufgibt und auch nur schwer repariert werden kann.

Zerbrochenes Plastikrad von einem Schreibtischstuhl - das kann man meistens recht unkompliziert ersetzen. Ist am Hydraulikfuß etwas kaputt, ist eine Reparatur schon schwierig.

Zerbrochenes Plastikrad an einem Schreibtischstuhl – das kann man meistens recht unkompliziert ersetzen. Ist am Hydraulikfuß etwas kaputt, ist eine Reparatur schon schwierig.

Die Autoindustrie kam auf eine andere Masche, die sich ebenfalls heute bei Elektronikgeräten wiederfindet: Man entwickelte jährlich neue, schicke Designs, hinter denen oft minimale technische Veränderungen standen. Es ging allein um den Absatz, die potentiellen Kund/innen sollten dazu bewegt werden, sich ein neues Produkt zu kaufen, obwohl das alte für ihre Zwecke noch völlig ausreichen würde. Teilweise wurden sogar technisch bessere Produkte so vom Markt gekickt. Bis in die 50er Jahre hinein wehrten sich Ingenieur/innen dagegen, ihre Konstruktionen mit geplanten Verschleißteilen auszustatten, anstatt sie so solide wie möglich zu gestalten. Dann hatte der neue kapitalistische Geist auch in den Köpfen der Konstrukteur/innen Einzug gehalten.

Trotz Protesten der Verbraucher ist die geplante Obsoleszenz bis heute Verkaufsmodell

Allerdings begannen die Verbraucher/innen nun zu rebellieren, die sich von den Firmen vergackeiert fühlten. Es entwickelten sich Verbraucherschutzorganisationen, die den Herstellern bestimmte gesetzliche Garantien über die Lebensdauer abrangen – allerdings blieb das Konzept der geplanten Obsoleszenz die Regel, und wird teilweise verstärkt angewandt. Gerade bei Elektrogeräten ist es heute augenscheinlich, dass konstant noch völlig ausreichende und generell intakte Geräte auf dem Müll landen, weil es neue Modelle gibt, eine eingeschweißte Batterie nicht ausgewechselt werden kann oder weil ein kleiner Zählerchip im Drucker diesen lahmlegt, wenn er eine bestimmte Anzahl Seiten gedruckt hat. Der Müll wird häufig illegal nach Afrika und Asien verschifft, wo ein geringer davon Teil repariert wird. Aus dem Rest werden unter zumeist extrem gesundheitsschädlichen Bedingungen und oft durch Kinderarbeit die leicht recyclebaren Teile, vor allem Metalle, herausgelöst und der Rest verseucht die Umwelt in den Regionen. So landen 70% des weltweiten Elektroschrotts in China, aber auch in westafrikanischen Ländern wie Ghana (eine Karte hier).

Elektroschrott am Wegesrand.

Elektroschrott am Wegesrand.

Breite Gegenbewegung fordert eine nachhaltige Produktionsethik

Inzwischen gibt es auf breiter Front eine Gegenbewegung: Wissenschaftler/innen, Journalist/innen, Umweltschützer/innen, Designer/innen und andere Recyclingaktivist/innen im Westen und regional an den den Schrottabladeplätzen ziehen gegen die eingbauten Verfallselemente und die somit stetig wachsenden Müllberge ins Feld. Sie leisten Lobbyarbeit in Politik und Wirtschaft, gestalten bewußt nachhaltige Produkte und umweltfreundliche Produktionskreisläufe, betätigen sich als Bastler/innen, die sich zusammenschließen, Tipps verbreiten, richten Reparatur-Anlaufstellen oder auch Verkaufsstellen für reparierte Geräte ein, oder informieren über besonders anfällige Geräte, um vom Kauf abzuraten.

Gerade die Computertechnik, die eine neue, bisher unbekannte Welle an unnötigem Elektroschrott erzeugt hat, bietet mit dem Internet auch eine Plattform, auf der sich diese Gegenbewegung austauschen und koordinieren kann. Besonders in den USA und in Russland gibt es seit Jahren eine Undergroundszene für solche Reparaturen. Wie die taz berichtete, hat sich auch in Österreich eine gut vernetzte Recyclingszene entwickelt, die beispielhaft ist. Diese ist laut taz vor allem auf die Aktivität von Sepp Eisenriegler, Gründer des Wiener Reparatur- und Service-Zentrums (RUSZ) zurückzuführen. Inzwischen gibt es mit dem RepaNet eine koordinierende landesweite Anlaufstelle für solche Angelegenheiten.

Reparieren eröffnet neue Perpektiven

Die österreichischen Aktivist/innen beschränken sich nicht nur auf nationale Grenzen, sondern bieten auch jenseits dieser Hilfestellungen an. Überhaupt hat der neue Recyclingboom einen starken sozialen Aspekt: Generell entwickelt jeder Mensch, der sich mit dem Thema befasst, einen neuen, bewussteren Zugang zu Konsum, Umwelt, gegenseitiger Verantwortung und solidarischem Verhalten durch gegenseitige Unterstützung. Aber besonders Langzeitarbeitslose oder auch Jugendliche aus schwierigen Verhältnissen, die das Gefühl haben, in unserer Gesellschaft nicht wertgeschätzt zu sein und keine positive Rolle spielen zu können, haben hier eine Möglichkeit, ihr Können zu zeigen und ein adäquates Selbstwertgefühl zu entwickeln.

Metallwerkstatt von Künstlern, die Schrott verarbeiten - zu Kunst, aber auch praktischen Dingen.

Metallwerkstatt von Künstlern, die Schrott verarbeiten – auch zu praktischen Dingen.

Zudem informieren sie in Veranstaltungen zum Thema und versuchen Einfluss auf die Politik auszuüben, sowohl in Österreich als auch auf EU-Ebene. Hier sollen grundsätzlich neue (alte), nachhaltige Vorstellungen zur Lebensdauer von Geräten entwickelt werden und gegen die eingebaute Obsoleszenz angekämpft. Allerdings stellt man damit auch das aktuelle kapitalistische Wirtschaftssystem in Frage, das überhaupt erst zu dieser diese Idee, die ja an sich jenseits des reinen Profitgegankens völlig irrsinnig ist, führte.

Besonders in den USA gibt es schon länger aktive Lobbygruppen, die Firmen und Politik zu solchen neuen nachhaltigen Standards in der Firmenethik und Gesetzgebung zwingen wollen bzw. das erfolgreich getan haben, wie z..B. E-Stewards, die Electronics Take Back Coalition, die Step Initiative und die internationale Non-Profit-Lobbygruppe Basel Action Network (BAN) bei Elektroschrott. Auch die weltweite Zero-Waste-Bewegung wächst, die ein allgemeines Denken in Kreisläufen, in denen nichts „Abfall“ ist, sondern wie in der Natur immer wieder auch Grundlage für Neues (dazu demnächst mehr auf Plan A(lternative)). Selbst die politisch aktuell eher zweifelhafte britische Regierung hat sich einen Zero-Waste-Gedanken zumindest auf die Fahnen geschrieben, der eine Verantwortung der Produzent/innen der Produkte beinhaltet. Allerdings geht es hier noch um freiwillige Übernahme von Verantwortung – eine der wichtigsten Forderung der Aktivistinnen ist eine gesetzliche Rücknahmepflicht der Hersteller zur Entsorgung.

Bevor es in die Tonne geht: Probieren, ob man es reparieren kann, oder einer anderen Verwendung zuführen, oder ob es noch jemand anders gebrauchen kann.

Bevor es in die Tonne geht: Probieren, ob man es reparieren kann, oder einer anderen Verwendung zuführen, oder ob es noch jemand anders gebrauchen kann.

Reparaturcafés als konkrete Anlaufstelle im Real Life

Jenseits der politischen und großen ökonomischen Ebene haben sich aus der weltweiten Reparatur-Szene Repaircafés entwicklet, in denen sich Hilfesuchende und Bastler/innen begegnen und erstere lernen, selber Reparaturen auszuführen. Sie sind auch Austauschort für Tipps zur lokalen Szene und das Internet, wenn man konkrete Dinge sucht. Repaircafés sind inzwischen an vielen Orten in Nordamerika und Europa zu finden (Liste hier). Es steht Basteler/innen auch nichts im Weg, so ein Repair-Café im eigenen Ort oder Viertel zu organisieren – entweder nach eigenem Gusto als „Heimwerkerkercafé“ oder ähnlich, oder offiziell im Repair-Café-Netzwerk, wo es ein paar Regeln, aber auch Unterstützung gibt.

Vertieft man sich ein wenig in das Thema, wird das unweigerlich auch Auswirkungen auf das eigene Konsumverhalten haben: Man wird feststellen, dass man gar nicht mehr immer das Neueste, Angesagteste braucht, Vieles repariert werden kann und noch ein paar Jahre hält und dass man sich vom gesparten Geld lieber ein wirklich haltbares Produkt kauft und keins, was schon als geplanter Schrott geliefert wird.

I fix it – Reparaturanleitungen und Tipps (English)

Instructables – Reparaturanleitungen und Bautipps (English)

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Peepoo – Toilettentütchen für Slumbewohner/innen und Flüchtlinge http://www.plan-alternative.de/index.php/2013/11/19/peepoo-toilettentutchen-fur-slumbewohner-und-fluchtlinge/ http://www.plan-alternative.de/index.php/2013/11/19/peepoo-toilettentutchen-fur-slumbewohner-und-fluchtlinge/#respond Tue, 19 Nov 2013 12:09:33 +0000 http://www.plan-alternative.de/?p=3817 Was für uns völlig normal ist, ist für 40% der Weltbevölkerung ein Problem: Der Gang zur Toilette, wenn es drückt. Fast drei Milliarden Menschen haben keinen Zugang zu adäquaten sanitären Einrichtungen. Abgesehen vom persönlichen Ungemach wird davon ausgegangen, dass 70% der Krankheiten, wie Typhus und Cholera, weltweit durch mangelnde sanitäre Einrichtungen verbreitet werden. Besonders in den wachsenden Slums an den Rändern der Großstädte in Entwicklungsländern ist die mangelnde sanitäre Ausstattung eine Katastrophe. Hier drängen sich Menschenmassen auf engem Raum in notdürftig zusammengezimmerten Hütten. In Kibera, einem Slum am Rand der kenyanischen Hauptstadt Nairobi, kommen z.B. eine Toilette auf 300 Menschen. Diese sind oft stark verschmutzt und Frauen werden hier verstärkt belästigt.

Foto: peepoople.com

Foto: peepoople.com

Auch wenn diese lernen, ihre Notdurft zu unterdrücken und sich oft stundenlang quälen, muss das Geschäft irgendwann irgendwo erledigt werden. Die aktuelle Lösung ist, sich dann einfach in eine Plastiktüte zu erleichtern, besonders nachts, wo sich niemand auf die gefährlichen Straßen traut. Diese wird dann einfach auf die Straße entsorgt, denn es gibt auch keine funktionierende Müllabfuhr. Das die Beutel dann einfach aus dem Fenster geworfen werden, haben sie sich den Namen „Fliegende Toilette“ eingebracht.

Da der Ausbau eines klassischen Sanitärsystems zu langwierig und komplex ist, um eine rasche Lösung für diese im wahrsten Sinne des Wortes drängenden Probleme zu schaffen, machten sich schwedische Designer/innen diese einfache und unkonventionelle Lösung zunutze, um eine hygienische und umweltfreundliche „Toilette“ für Slumbewohner/innen zu entwickeln.

Peepoo nennt sich die Tüte aus abbaubarem Plastik. Sie besteht aus einem äußeren Beutel, in der ein weiterer steckt. Darin befinden sich ein Harnstoff-Granulat, das innerhalb von zwei bis drei Wochen Krankheitserreger aus den Ausscheidungen abtötet. Peepoo kann in einen Eimer gesteckt werden wie ein Müllbeutel. Nach dem verrichteten Geschäft können die Beutel zu einer Abgabestelle gebracht werden. Hier bekommen die Menschen einen Teil des Geldes wieder, den sie für die Beutel bezahlt haben. Von den Sammelstellen werden die Fäkalien wieder verkauft, da sie als Dünger verwendet werden können. So werden gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Die Menschen können ihre Notdurft vergleichsweise bequem verrichten, die umweltschädlichen konventionellen Plastetüten mit ihrem unhygienischen Inhalt voller Krankheitserreger sind von der Straße und mit dem Dünger können wieder Nahrungsmittel angebaut werden, die zur Eigenversorgung dienen.

Noch ist Peepoo in der Testphase in Kibara, wo es seit 2010 ausgegeben wird und über 5 000 Stück am Tag benutzt werden. Das Projekt soll 2014 auf die zehnfache Menge ausgedehnt, und im Jahr darauf noch einmal verdoppelt werden. Möglicherweise ist das kleine Tütchen bald in den Slums weltweit im Einsatz, um den Menschen dort das Leben ungemein zu erleichtern – aber auch für Kriegsflüchtlinge in Auffanglagern oder Opfer größerer Natur- und Umweltkatastrophen, die vor dem gleichen Problem stehen. Gerade hat Peepoople eine Millionen Tüten in die vom Taifun Haiyan bzw. Yolanda am schwersten verwüsteten Regionen auf den Philippinen gesandt.

Quelle der Angaben: Peepoople.com / AFP

Website Peepoo
More about Peepoo (English)

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Fußball als Stromquelle http://www.plan-alternative.de/index.php/2013/11/12/fusball-als-stromquelle/ http://www.plan-alternative.de/index.php/2013/11/12/fusball-als-stromquelle/#respond Tue, 12 Nov 2013 11:04:11 +0000 http://www.plan-alternative.de/?p=3615 Die in den USA lebende nigerianische Unternehmerin Jessica Matthews, Chefin des Startups Uncharted Play, entwickelte während ihres Harvard-Studiums einen ganz besonderen Fußball: Man spielt 30 Minuten, und danach gibt er drei Stunden lang Strom für eine Lampe. Das klingt in unseren Breitengraden eher nach Spielerei, aber in vielen Entwicklungsländern ist das sehr nützlich, weil hier, wie z.B. in Nigeria, Stromausfälle an der Tagesordnung sind. So kann man den Ausfall überbrücken, ohne einen weiteren Generator, der mit fossilen Brennstoffen betrieben werden muss, anzuschließen.

Foto: Screenshot

Foto: Screenshot

Der Generator im „sOccket“ getauften Fußball habe einen Mechanismus, der einer Maschine ähnelt, die sich selbst aufzieht, und lade durch die Energie, die er beim Kicken erhält eine Batterie auf, die sich ebenfalls im Inneren des Balls versteckt. Matthews wollte das Schöne mit dem Nützlichen verbinden, als sie den Ball entwarf: Die Afrikaner spielten gerne Fußball, und so könne man das noch reizvoller machen, wenn aus diesem auch noch sauber, erneuerbare Energie käme, die die Menschen selber erzeugen können.

Wenn eine Masseproduktion anläuft, könne der Ball laut Matthews auch in Nigeria erschwinglich sein. Zunächst wird er zwar in Nigeria produziert, aber ab Ende des Jahres zunächst in New York verkauft. Für jeden dort verkauften Ball wird einer in einem ärmeren Land verschenkt. Zudem hatte man in der testphase schon einige in Costa Rica, Haiti, Benin und Nigeria verteilt.

Schon US-Präsident Barack Obama und der nigerianische Präsident Jonathan Goodluck, der Matthews als „Unternehmensbotschafterin“ auszeichnete, kickte mit dem ganz besonderen Fußball. Goodluck sah die Entwicklung auch als Anregung für andere junge Nigerianer/innen, sich Gedanken zu machen. Auch der US-amerikanische Ex-Präsident Bill Clinton fand lobende Worte.

Website Uncharted Play

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Fairphone: Ohne Ausbeutung und Umweltverschmutzung produzierte Smartphones http://www.plan-alternative.de/index.php/2013/08/22/fairphone-ohne-ausbeutung-und-umweltverschmutzung-produzierte-smartphones/ http://www.plan-alternative.de/index.php/2013/08/22/fairphone-ohne-ausbeutung-und-umweltverschmutzung-produzierte-smartphones/#respond Thu, 22 Aug 2013 13:37:11 +0000 http://www.plan-alternative.de/?p=2240 Es ist allen, die es wissen wollen bekannt, dass an unseren geliebten Computern und Smartphones Blut klebt und sie unter übelsten Arbeitsbedingungen hergestellt werden. Der Film Blood in the Mobile machte 2010 auf die Bedingungen aufmerksam, unter den das notwendige Coltan im Kongo gewonnen wird. Immer wieder liest man Medienberichte über die unfasslichen Arbeitsbedingungen in den Fabriken von Apple & Co. in Asien. Vielen Käufer/innen ist das jedoch egal, und selbst die, die es stört, verdrängen es, weil sie keine Alternativen sehen. Sie pilgern regelmäßig zu den kultartig verehrten Apple-Stores, wenn ein neues iPhone auf dem Markt ist, ebenso bei anderen Marken, sobald sie neue tolle Features anbieten.

Fairphone

Eine Gruppe niederländischer Studierender und Designer/innen wollte hier nicht mehr mitmachen. In der durch öffentliche Gelder finanzierten niederländischen Stiftung Waag Society arbeiten 50 Mitarbeiter/innen an neuen Technologien, die auch für die Menschen, die die Bestanteile herstellen und zusammenfügen faire Bedingungen garantieren. Sie haben sich als Ziel gesetzt, eine Alternative zu Smartphones auf den Markt zu bringen – ohne Ausbeutung und ohne Umweltverschmutzung.

Seit 2009 arbeiteten sie an Möglichkeiten, ein faires Smartphone zu produzieren. Im Januar 2013 wurde das soziale Unternehmen Fairphone mit sieben Mitarbeiter/innen gegründet, und das erste Modell soll demnächst marktreif sein. Dabei kaufen sie bestehende Technik ein, achten aber darauf, dass die Bestanteile aus überprüfbaren, den gesetzten Sandards entsprechenden Quellen stammen. Sie reisten sogar selbst in den Kongo, um mit den Arbeitern zu sprechen und ihr Vertrauen zu gewinnen, und eine Fabrik in China, die schon auf faire Standards setzt, um sie alt Partner zu gewinnen. Dabei prüfen sie die Bedingungen selbst, um Diskrepanzen zwischen Angaben und Realität möglichst auszuschließen.

Im September soll das Fairphone auf den Markt kommen – versprochen werden alle gängigen Features, auch wenn man vielleicht auf die aktuellsten High-End-Funktionen verzichten muss. Bestellungen werden bereits angenommen – von den 20 000 zunächst produzierten Fairphones sind schon 66% vorbestellt. Noch ist es nicht möglich, absolut faire Smartphones zu produzieren, aber es geht auch darum, Denkanstöße zu liefern – sowohl der Industrie als auch den Verbraucher/innen.

Website von Fairphone
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(Update)

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Öltanker-Crew weigert sich, gerettete Flüchtlinge in Libyen auszusetzen http://www.plan-alternative.de/index.php/2013/08/06/oltanker-crew-weigert-sich-gerettete-fluchtlinge-in-libyen-auszusetzen/ http://www.plan-alternative.de/index.php/2013/08/06/oltanker-crew-weigert-sich-gerettete-fluchtlinge-in-libyen-auszusetzen/#respond Tue, 06 Aug 2013 12:43:10 +0000 http://www.plan-alternative.de/?p=1878 Wie Pro Asyl über Facebook unter Bezug auf die Times of Malta berichtet, rettete der unter liberianischer Flagge fahrende Öl-Tanker Salamis vorgestern Nacht vor der libyschen Küste 102 Flüchtlinge auf dem Mittelmeer, darunter 20 Frauen und ein Baby. Sie geben an, aus Äthiopien und Eritrea zu stammen.

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Die italienischen Behörden wiesen daraufhin die Besatzung an, die Flüchtlinge nach Libyen zu einem „sicheren Hafen“ zurückzubringen. „Push Backs“ von Flüchtlingen verstoßen gegen internationales Recht, wenn deren Sicherheit nicht garantiert ist. So weigerte sich die Besatzung, den Anweisungen zu folgen und fuhr mit den Flüchtlingen Richtung Malta weiter. Auch die Maltesische Regierung weigerte sich, die Flüchtlinge an Land gehen zu lassen. Der Tanker wurde jetzt von der maltesischen Armee festgesetzt. Die Reederei der Salamis, die griechische Hellenic Shipping, steht hinter dem Handeln des Kapitäns und der Crew: Sie sei nach internationalem Recht verpflichtet, auf See Menschenleben zu retten und in ein sicheres Land zu bringen, was eben nicht unbedingt der nächste Hafen ist. Wie das Drama weiter geht ist der Times of Malta zu entnehmen. Derzeit streiten sich mehrere Parteien über die Rechtslage, während sich die Bedingungen für die Flüchtlinge auf dem Schiff weiter verschlechtern. Ein Hintergrundbericht auf Englisch dazu hier.

Nach Angaben der Times of Malta hatte ein türkisches Schiff namens Adakent gestern Abend ebenfalls 96 Flüchtlinge vor der libyschen Küste vor dem Ertrinken gerettet. Es folgte jedoch den italienischen Anweisungen und brachte die Geretteten nach Tripolis, wo sie an Land gelassen wurden. Mit großer Wahrscheinlichkeit werden sie von dort aus in ihre Herkunftsländer, soweit sich diese ermitteln lassen, zurückgeführt. Auch wenn sie in Libyen bleiben, fürchten NGOs um ihr Wohlergehen.

Update: Hier die Presserklärung von Pro Asyl

2. Update Wie die Times of Malta berichtet, hat nach diplomatischen Gesprächen zwischen Malta, Griechenland und Italien die italienische Regierung der Aufnahme der Flüchtlinge doch zugestimmt. Am frühen Mittwoch Morgen verließ der Tanker die Gewässer vor Malta in Richtung Syrakus, Sizilien.

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Sahelzone: Wie es einzelne Bauern schafften, eine ganze Region vor der Verwüstung zu retten http://www.plan-alternative.de/index.php/2013/07/22/sahelzone-wie-es-einzelne-bauern-schafften-eine-ganze-region-vor-der-verwustung-zu-retten/ http://www.plan-alternative.de/index.php/2013/07/22/sahelzone-wie-es-einzelne-bauern-schafften-eine-ganze-region-vor-der-verwustung-zu-retten/#respond Mon, 22 Jul 2013 18:34:01 +0000 http://www.plan-alternative.de/?p=1108 Nicht nur die Agrarindustrie bedroht weltweit die traditionelle Landwirtschaft – manchmal ist es auch das Althergebrachte selbst, wenn es nicht genügend den veränderten Umweltbedingungen und sozialen Entwicklungen angepasst wurde. Wo in früher Zeiten Menschen einfach verhungert sind oder wegzogen, gibt es heute Austausch- und Unterstützungsmöglichkeiten und wissenschaftliche Forschung, wie man sich den neuen Bedingungen anpassen bzw. gemachte Fehler korrigieren kann. Noch immer bedarf es allerdings herausragender Persönlichkeiten, Neugierige und Querköpfe aus den betroffenen Communitys selbst, die diese Veränderungen durchsetzen – und im Zweifel auf die besten Ideen selbst kommen, oft mit Rückgriff auf vergessenes oder falsch angewandtes traditionelles Wissen. Beispiel dafür sind zwei Erfolgsgeschichten aus der Sahelzone, wo kein staatliches Programm und kein Entwicklungshilfeprojekt zu fassen schien.

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Ein „verrückter“ Bauer rettet ein ganze Region

Berühmt wurde der Bauer Yacouba Sawadogo aus Burkina Faso, der das Leben von tausenden Menschen transformierte. Er hatte in den 1980ern begonnen, mit traditionellen Mitteln ein Stück Erde zu bebauen, das längst verloren geglaubt schien. Die Gegend am südlichen Rand der Sahelzone hatte gerade eine weitere längere Dürre hinter sich, die durch Abholzung und Überweidung verstärkt worden war. So wurde die Erosion des fruchtbaren Bodens gefördert und der wenige Regen drang nicht ein. Das Problem war auch international bekannt – ich kann mich erinnern, dass ich davon sogar in der Schule hörte, zu ebenjener Zeit. Es gab jedoch keine effektiven institutionellen Projekte, um es zu lösen.

Heute bekommt Sawadogo Besuch von internationalen Agrar-Experten. Diese müssen ihn höchstpersönlich auf seinem abgelegenen Stück Land aufsuchen, da er weder Internet noch ein Telefon hat und auch die Post nur sporadisch kommt. Er hatte es nicht nur geschafft, mit einer Mischung aus vergessenen althergebrachten Techniken, vor allem das Zaï, und eigenem Experimentieren das karge Stück Land in ein Hirsefeld zu verwandeln. Auf gleiche Weise pflanzte er auch Baumsamen. Jetzt ist sein Wald aus Affenbrot-, Tamarinden-, Niem- und Nérébäumen, in dem sich auch eine einzigartige Tierwelt angesiedelt hat, sowohl eine lokale als auch internationale Attraktion. Sawadogo, der schon als Kind mit traditionellen Anbau- und Heilmethoden in Berührung gekommen war, ist heute lokaler Medizinmann und Agrarexperte in einem. Die anderen Bauern kommen zu ihm, um sich Rat zu holen.

Diese hatten ihn lange für einen eigenbrödlerischen Spinner gehalten. Erst als sein Vorgehen nach Jahren vorzeigbare Erfolge vorwies und auch das staatliche Agrarministerium auf ihn aufmerksam wurde, begannen sie ihn anzuerkennen. So konnte nicht nur die Ausdehnung der Wüste aufgehalten werden, sondern die Bauern der Region ernten mit Sawadogos Methoden teilweise das dreifache der Erträge, die sie vor der verheerenden Dürre Ende der 70er, Anfang der 80er erzielten.

‚The Man Who Stopped The Desert‘ trailer from Mark Dodd on Vimeo.

Bürgermeister als Vorbild

Ähnliches trug sich 20 Jahre später im nördlichen Äthiopien zu, in der Provinz Tigray am nordöstlichen Ausläufer der Sahelzone. Noch vor wenigen Jahren sollte hier ganze Dörfer evakuiert werden, weil der Boden verdorrt und die Bewohner/innen scheinbar dauerhaft von Hilfe von außerhalb abhängig waren. Auch hier war das Problem neben ausbleibendem Regen die Überweidung, die Abholzung und ein schlechtes Wassermanagement.

Hier war es Gebremichael Gidey Berhe, Bürgermeister des Örtchens Abrha Weatsbha, der die Initiative ergriff: Er hatte es satt, dass sein Dorf nicht für sich selbst sorgen konnte, und spätestens die Angst vor Umsiedlung brachte alle Bewohner dazu, bei seinem 2004 begonnenen Projekt mit anzupacken. Schon 1998 hatte die äthiopische Regierung einen neuen Landnutzungsplan als Alternative zur Umsiedlung der 5000 Bewohner angeboten. Mit finanzieller Unterstützung sollten die Anwohner alle Bauarbeiten selber leisten. Gemeinsam bot man der Bodenerosion Einhalt, in dem man Terrassen an die trockenen Hügel baute, Brunnen bohrte und Bewässerungsgräben aushob. In frisch gebauten Auffangbecken wird das Wasser gespeichert. Die Rinder werden jetzt in Umzäunung gehalten, damit sie nicht jedes keimende Grün gleich wieder wegfressen. Neben Obstbäumen wurden 224,000 Hektar mit Waldbäume wieder aufgeforstet, die nachhaltig bewirtschaftet werden. Sie liefern Biomasse, halten den Boden fest und sind Wasserspeicher.

Die meisten Methoden waren weder neu noch kompliziert – nur mussten die Menschen dazu gebracht werden, aus ihrem alten Trott auszusteigen, neugierig zu werden und gemeinsam an einem Strang zu ziehen. Er selbst ging im Alltag mit gutem Vorbild voran und konnte zudem finanzielle Unterstützung u.a. durch das United Nations Development Programme und das World Food Programme sichern. Die Abrha Weatsbha Initiative wurde im vergangenen Jahr mit einer Preis für nachhaltige Community-Projekte der Equator Initiative der UN ausgezeichnet.

Hillside_Farm,_Tigray_Region,_Northern_Ethiopia_Elitre

Auch hier konnten die Methoden mit Hilfe von institutioneller Unterstützung und wissenschaftlicher Erforschung im In- und Ausland erfolgreich auf eine ganze Region übertragen werden. Mittlerweile gibt es 350 ähnliche Projekte im ganzen Land, die staatlich koordiniert werden. Wo noch vor wenigen Jahren Kargheit und Bodenerosion, Hunger und Verzweiflung das Bild prägten, wachsen heute zwischen Bäumen auf grüne Feldern Mais, Kohl, Tomaten und Mangos (s. u.a. Fotostrecke beim World Food Programme und beim Equator Prize des United Nations Development Programme).


Bildquellen: Standbild aus The Man Who Stopped the Desert / Wikipedia (Alan Davey)

Mehr Informationen (English)

  • The Man Who Stopped the Desert
  • Abrha Weatsbha Community Ethiopia at Equator Initiative
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